Rückblick 71. Schweizer Immobiliengespräch: «Revolution in der Immobilienfinanzierung?»

Das 71. Schweizer Immobiliengespräch am 24. April 2018 wartete dieses Mal mit einem viel diskutierten Thema auf: Ist eine «Revolution in der Immobilienfinanzierung» im Gange? Podiumsteilnehmer und Gäste der Veranstaltung im Zürcher «Metropol» waren sich einig, dass derzeit viel Bewegung im Markt ist.

Für jede Menge Gesprächsstoff sorgte das Thema Immobilienfinanzierung beim jüngsten Schweizer Immobiliengespräch (Bild: MR)

Moderator Dr. Christian Kraft von der Hochschule Luzern zeigte zunächst den Status quo auf: «Die Immobilienfinanzierung ist im Umbruch, Banken sind als traditionelle Hypothekenfinanzierer immer mehr unter Druck.» Doch nicht nur verschärfte Finanzierungsregeln (Stichworte Basel III und Basel IV) machen den Finanzinstituten zu schaffen, verstärkt treten auch neue Akteure auf, wie beispielsweise Versicherungen und Pensionskassen. Hinzu kommen Online-Plattformen und Vermittler im Internet, die einerseits das Angebot für Immobilienkredite zwar grösser und transparenter machen, aber auch im Wettbewerb zusätzlichen Druck erzeugen. Mit Crowdlending, Crowdfunding und Crowdinvesting ist zudem das Thema Immobilienfinanzierung mittlerweile auch im Peer-to-Peer-Bereich angekommen. Krafts Resümee: «Die klassischen Finanzierer befinden sich in einem Mehrfrontenkrieg.»

«Heterogene Landschaft von Kreditgebern»

Sebastian Angst, Partner und CEO der Pro Ressource AG, relativierte in seinem Referat diese Sichtweise und erklärte: «Es ist wohl eher eine Evolution denn eine Revolution, die sich derzeit in der noch bankendominierten Branche abspielt.» Die Banken hätten sich mittlerweile auf die neuen Spielregeln eingestellt und reagierten dementsprechend mit gestiegenen Kreditmargen und restriktiveren Finanzierungen. Versicherungen und Pensionskassen hätten hier geschickt Lücken genutzt, die sich auftaten. Zusammen mit neuen Finanzierungsservicern, wie beispielsweise Finovo oder Avobis, gebe es nunmehr eine «heterogene Landschaft von Kreditgebern» hierzulande. «Es gibt definitiv einen Wandel und mit ihm tun sich viele Opportunitäten für alle Akteure auf», so Betriebsökonom Sebastian Angst am Ende seines Vortrages.

Prof. Dr. Andreas Dietrich vom Institut für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) brachte im Anschluss eindrückliche Zahlen mit: Der derzeitige Markt an online abgeschlossenen Hypotheken lag im vergangenen Jahr bereits bei etwas mehr als vier Milliarden Franken. Doch sei diese Zahl noch vergleichsweise gering, schaue man allein auf das Marktpotenzial bei der Kreditvergabe an Privatpersonen in Höhe von gut 730 Milliarden im Jahr 2017. Dieser Markt wachse jedes Jahr um etwa 19 Milliarden bzw. gut 2,6 Prozent, so Dietrich. Die neuen Online-Player könnten sich hiervon also noch etwas grössere Stücke vom Kuchen abschneiden. Im Bereich Immobilien-Crowdfunding habe man im vergangenen Jahr die Marke von 100 Millionen überschritten, verriet Dietrich mit Vorgriff auf die anfangs Mai zu publizierende neue Jahresstudie seines Instituts. Der Digital-Banking-Experte rechnet damit, dass sich vor allem im Business-to-Business-Bereich europaweit das Crowdlending weiter ausbreiten wird und verwies hierbei auf das Beispiel Loanboox, die 2016 in der Schweiz gegründete Geld- und Kapitalmarktplattform für öffentlich-rechtliche Kreditnehmer und institutionelle Kapitalgeber.

«Praxis-Beispiele für Blockchain-Lösungen fehlen noch»

Prof. Dr. Thomas Ankenbrand, Finanzdozent an der Hochschule Luzern und VR-Präsident der Soranus AG, stellte schliesslich den gut 90 Teilnehmenden am 71. Schweizer Immobiliengespräch die allfälligen Einsatzorte von Blockchain-Lösungen in der Immobilienwirtschaft vor. Die Bandbreite reiche hier vom Grundbucheintrag über Smart Contracts bis hin zu Transaktionsabläufen und Immobiliendeals mittels Kryptowährungen, so Ankenbrand. Er gab aber auch zu: «Die Marktteilnehmer lechzen noch nicht nach Lösungen dieser Art.» Hier fehle häufig noch das Vertrauen in die neuen Technologien. Doch gab sich Ankenbrand zuversichtlich: «Das Technologievertrauen kommt mit der Erfahrung.» Moderator Christian Kraft stimmte dem bei und sagte, dass vor allem noch Praxis-Beispiele («use cases») fehlten – und dass die digitalen Akteure und Vorreiter damit vor einer Herkulesaufgabe stünden.

Hier können Sie einen Blick auf die Präsentationen unserer drei Referenten werfen:

 

 

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