Rückblick 76. Schweizer Immobiliengespräch: «Buy and hold war gestern!»

Das 76. Schweizer Immobiliengespräch, zu dem das Redaktionsteam und die Galledia Fachmedien AG im Mai ins Zürcher Metropol einluden, war ein ganz besonderer Anlass: Das 25-Jahr-Jubiläum der Fachzeitschrift IMMOBILIEN Business.

 

Die richtigen Investmententscheidungen zu treffen, ist nicht so einfach, insbesondere in einem von negativen Zinsen geprägten Umfeld. Angesichts von fehlenden Anlagealternativen bleiben Immobilien weiter attraktiv und die Preise für Liegenschaften dürften zwar anhaltend hoch, doch die Renditen niedrig bleiben. Zumal sich in den Schweizer Agglomerationen verstärkt Leerstände abzeichnen, auch und gerade im Mehrfamilienhausbereich. Moderator John Davidson von der Hochschule Luzern (HSLU) zeigte zum 25-Jahr-Jubiläum vom Schweizer Fachmagazin IMMOBILIEN Business zunächst die aktuellen grossen Linien und die sich daraus ergebenden Fragen für die Akteure des Schweizer Immobilienmarktes auf. Anschliessend referierten beim 76. Schweizer Immobiliengespräch vier Experten zum Thema «Buy and hold war gestern!» und diskutierten miteinander.

 «Die Daten sind ansprechend, aber nicht kraftstrotzend»

Zunächst umriss Dr. Stefan Fahrländer von FPRE die Einflussfaktoren auf dem Schweizer Immobilienmarkt: Die Wirtschaftsdaten «seien ansprechend, aber nicht kraftstrotzend»; was fehle, sei eine etwas höhere Inflation, doch niemand wisse, woher diese kommen soll. Also verharre man in der altbekannten Situation mit den Niedrigstzinsen – und hoffe. Die Hoffnung sterbe ja bekanntlich zuletzt. Fahrländer sieht vor allem Risiken in den steigenden Leerständen, nicht gerade an den Top 10-Standorten, jedoch aber in der Peripherie, nicht zuletzt aufgrund der derzeit rückläufigen Zuwanderungszahlen. Zudem gebe es – gemäss einer Erhebung des Hauseigentümerverbands HEV Schweiz – eine ungesunde Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage beim Bauland. Nichtsdestotrotz bleibe die Wohnbautätigkeit weiter hoch. Fahrländer rechnet mit weiter steigenden Preisen im Mehrfamilienhausbereich, zugleich aber auch mit fallenden Mieten. Zudem wies er darauf hin, dass etwa drei Viertel der Wertänderungen bei diesen Liegenschaften auf den Diskontierungszinssatz zurückzuführen seien.

«’Buy and Hold‘ ist heute noch möglich»

Aus Sicht von Frédéric Königsegg von der Helvetica Property Investors AG, der im Anschluss ein Blick auf die Lage an den Gewerbeimmobilienmärkten (Büro, Retail, Logistik) warf, bleiben B-Lagen auch weiter attraktiv. Neben den grossen Metropolen hätten vor allem Städte wie Baden, Olten oder Thun ihren Charme. Die von Helvetica aufgelegten Immobilienfonds zeigten mit einem Volumen von derzeit rund 430 Millionen Franken Immobilienwert (21 Objekte; Leerstand im Durchschnitt 5,8 %), dass an solchen Standorten attraktive Renditen zu erzielen seien. Als Beispiele nannte Königsegg zwei Objekte in Baden und in Goldach mit einer Bruttoanfangsrendite von 6,0 bzw. 6,28 Prozent. «Die Strategie ‚Buy and Hold‘ ist aber auch in Top-Lagen heute noch möglich.» Vor allem auch, wenn man sie mit einem aktiven «Hands-on»-Asset Management ergänze, so Königsegg. Die generelle Diversifikation der Investments und einen Schwerpunkt bei Multi-Tenant-Objekten seien weitere wichtige Eigenschaften der HSC-Fonds. Die besondere Nische von Helvetica stellten gewerbliche Immobilien im Ankaufwert zwischen zehn und 30 Millionen Franken dar – hier stehe man nicht in Konkurrenz mit den ganz grossen Anlagefirmen, aber auch nicht mit Family Offices oder wohlhabenden Privatanlegern.

Neuer Grundsatz «Lage, Lage, Qualität»

Martin Munz, verantwortlich für den Geschäftsbereich Development & Construction Anlageimmobilien bei der Credit Suisse AM, beleuchtete am jüngsten Immobiliengespräch zunächst die Lage am Büroimmobilienmarkt und sieht hier einen «klaren Mietermarkt» aufgrund des Überangebots an Flächen wie beispielsweise in Zürich Nord. Die Entwicklungsmöglichkeiten in den Agglomerationen seien «weitgehend ausgeschöpft». Auf der Wohnimmobilienseite stünden die Zeichen vor allem in den Zentren und zentrumsnahen Lagen auf Umpositionierung, Erneuerung und Verdichtung im Bestand.  So habe die CS ihr Immobilienportfolio «intensivst durchforstet» und derzeit ein Volumen von zwei Milliarden Franken in der Entwicklung bezüglich Repositionierung von Bestandesgebäuden und Neubauentwicklungen. Für Munz ist das Betrachten sowohl von Makro- als auch Mikrolage von grosser Bedeutung, ein generelles «Must» stelle die optimale ÖV-Anbindung dar. «Die Wertigkeit des Produkts wird immer entscheidender», sagte Munz. Hier würden heutzutage immer mehr die neuen Grundsätze «Lage, Lage, Qualität» bzw. «Lage, Lage, Grundriss» gelten. Immobilieneigentümer müssten zukunftsgerichtet agieren und Bedürfnisse und Nachfrage antizipieren. Dies gelte neben dem Wohnbereich auch für Büroliegenschaften, wo die Mitarbeiterzufriedenheit bei den mietenden Unternehmen zuletzt deutlich an Bedeutung gewonnen habe.

Die heutigen Mieter sind flüchtiger

Arno Kneubühler von der Procimmo SA zeigte die aktuellen Nachfragetrends anhand der sechs Immobilienfonds seines Unternehmens in der Deutschschweiz und in der Romandie auf. Mit der Konzentration auf Nischensektoren wie Logistik und Gewerbeflächen für KMUs verfolge man eine eher «defensive Strategie» und strebe hier Bruttorenditen von sieben Prozent an, «auch weil hier viel Capex berücksichtigt werden muss». Der Procimmo-Fokus richte sich somit auf B-Lagen mit vergleichsweise günstigen Mieten, so Kneubühler. Hier würde Procimmo jedes Jahr etwa 100.000 Quadratmeter vermieten bzw. umsetzen. Ein Grund dafür sei auch der konstante Wechsel. Mieter gingen heute keine langfristigen Verträge mehr ein, der Flächenbedarf verändere sich laufend und so manche Firma gehe in die Insolvenz. Auf all diese Faktoren müsse man schnell und effizient reagieren können. Kneubühler nannte hier das Beispiel Champs du Port in Onnens, wo noch dieses Jahr der Tabakkonzern Philip Morris International seinen Standort endgültig räumen wird. Die 75.000 Quadratmeter umfassende Logistikfläche hatte Procimmo in einer Sale-and-lease-Back-Transaktion für 49,7 Millionen Franken erworben. Die Mieteinnahmen bei Kauf betrugen fünf Millionen Franken pro Jahr. Neuer Mieter auf einem Viertel der Fläche (18.000 qm) ist die französische Sportartikelkette Decathlon, die vom Standort nahe Yverdon ihre Schweizer Filialen versorgt.

Ansprüche, Risiken und die Realität

In der darauffolgenden Podiumsdiskussion ging es dann um die Themen Wohnen, Zentralität und City-Logistik im Speziellen sowie die Einflüsse der Politik auf die Immobilienmärkte und das Renditestreben der Investoren im Allgemeinen. Die Podiumsteilnehmer am Immobiliengespräch kamen überein, dass die heutige Zeit sehr dynamisch sei viel und man schnell auf überraschende Änderungen seitens Bundesbern, kantonaler Regelungen oder auch der Weltwirtschaft reagieren können müsse. Generell stelle aber der Schweizer Markt aufgrund seiner überschaubaren Grösse ein Problem dar, hiess es. Frédéric Königsegg formulierte es folgendermassen: «Es ist ein kleiner Markt mit wenigen Akteuren. Das geht gut, solange der Markt steigt.» Martin Munz warnte darüber hinaus vor regionalen Abstimmungen wie etwa der Basler Wohnrauminitiative und damit dort drohenden «Genfer Verhältnissen». Für Arno Kneubühler ist die Politik gefordert, der Immobilienbranche gute Rahmenbedingungen zu schaffen, «dass es positiv vorangeht». Und Stefan Fahrländer warf schliesslich in der Diskussion um Anspruch und Wirklichkeit von Immobilieninvestoren ein, beim Streben nach Rendite und angesichts aktueller Entwicklungen, etwa in Basel oder Berlin, die Bürger und Mieter nicht zu vergessen.

 

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