Rückblick 77. Schweizer Immobiliengespräch: «Industriestandort Schweiz: Chancen für Immobilien-Investoren»
Beim jüngsten Schweizer Immobiliengespräch war der Schweizer Industriestandort das Thema. Drei hochkarätige Experten beurteilten die Asset-Klasse bzw. den heimischen Werkplatz aus ihren jeweiligen Perspektiven.
«Wie weit ist die Schweiz noch attraktiv für die Industrie?», fragte Dr. Markus Schmidiger, Studienleiter Immobilienmanagement an der Hochschule Luzern (HSLU) und Moderator des 77. Schweizer Immobiliengesprächs mit dem Thema «Industriestandort Schweiz: Chancen für Immobilien-Investoren» im Metropol in Zürich. Das Land zeichne sich durch eine reiche industrielle Tradition aus. Doch steigende Arbeits- und Bodenpreise setzten der Industrie zu, denn viele Betriebe würden immer weiter in die Peripherie getrieben oder wanderten ab ins Ausland.
«Attraktiver Werkplatz Schweiz»
Für Hans Rudolf Hauri, Geschäftsleitung der RUAG Real Estate und den ersten Referenten des Abends, hat der Werkplatz Schweiz nicht an Wert eingebüsst. Mit Blick auf den Wert der Industrieimmobilien kenne der Markt nur eine Richtung: nach oben. «Die Preise gehen nach oben, weil die Schweiz so wenig Platz hat», so Hauri. In dem Sektor arbeiteten seit dem Jahr 2007 konstant rund eine Million Beschäftigte. Der Anteil der Industrie an der Schweizer Volkswirtschaft mache rund 25 Prozent aus und sei damit «überraschend hoch». Zum Vergleich: Im Nachbarland Deutschland liegt diese Quote bei rund 30 Prozent. Die Schweiz biete für zuziehende Fachkräfte hohe Lebensstandards und für Industriebetreibe gute Rahmenbedingungen. Die Attraktivität der Eidgenossenschaft zeige sich aber auch in der grossen Ausbildungskompetenz.
Doch aus Sicht von Hauri macht die Schweiz viel zu wenig, um die Industrie zu halten: «Eigentlich tut sie gar nichts.» Dabei sei das Land geradezu prädestiniert als Standort für Gewerbe und Industrie. Wichtig seien gute Logistikwege, flexibel nutzbare Architektur und verständnisvolle Vermieter bzw. Betreiber von Industriearealen. Dies alles könne die Schweiz vorweisen. Doch behindere die föderalistische Raumplanung mehr, als dass sie nütze und unterstütze. Hauris Ansicht nach kann der Werkplatz Schweiz in Zukunft davon profitieren, wenn verstärkt regionale und nicht nur kommunale Gewerbe- und Industrieparks geschaffen werden.
«Silodenken aufgeben»
Stéphane Schneider, CEO von Bouygues Energies & Services, hob am Beispiel von Gewerbe- und Spezialimmobilien, wie etwa der Arealentwicklung UpTown in Arlesheim (bei Basel) oder dem Neubau von Spitälern hervor, was heute bereits in Bezug auf digitale Vernetzung, Konnektivität und dem Einsatz von Sensorik alles möglich ist. Er plädierte dafür, in der Branche das Silodenken aufzugeben. «Was es braucht ist eine gewerkeübergreifende Zusammenarbeit aus einer Hand.» Auch ein ganzheitliches Immobilienmanagement vereinfache Vieles und verringere die Kosten. Dabei betonte er auch die Bedeutung von BIM Building Information Modeling für neue Gebäude. Nicht nur in der Planung oder im Bau, sondern auch später in der Bewirtschaftung. So sei das neue Rechenzentrum am Flughafen Zürich ein Beispiel für ein modernes Datacenter. Als erstes seiner Art wurde es in Holzmodulbauweise realisiert und ist flexibel erweiterbar. Schneider zufolge erlauben es neue Innovationen und Techniken, vernetzte Infrastrukturen künftig über ganze Areale, Quartiere oder gar Städte anzubieten.
«Unternehmensimmobilien sind ein Wachstumsmarkt»
Steffen Uttich, Leiter Kapitalmärkte bei der seit Mitte 2018 zur Swiss Life Gruppe zählenden Beos AG, warf einen Blick auf den deutschen Markt der Gewerbe- und Industrieimmobilien. Dort umfasse das Flächenvolumen dieses Segments 2,4 Milliarden Quadratmeter, was einen Anteil am Gesamtflächenmarkt von über 50 Prozent ausmache und somit seine Wichtigkeit verdeutliche. Auch mit Blick auf den Marktwert dieser Liegenschaften nannte Uttich eindrucksvolle Zahlen: In Summe betrug dieser zuletzt in Deutschland 1.038 Milliarden Euro; während alle anderen Immobilienarten es auf einen Gesamtwert von rund 1.050 Milliarden Euro brachten. «In den vergangenen 20 Jahren erzielten Unternehmensimmobilien im Vergleich zu anderen Nutzungsarten um rund 200 Basispunkte höhere Ausschüttungen bei gleichzeitig geringerer Volatilität», so Uttich. Selbst in den aktuell für Immobilienmärkte unsicheren Zeiten hätten sich Unternehmensimmobilien als Wachstumsmarkt erwiesen, der verhältnismässig gelassen auf Konjunkturschwankungen reagiere.
Die Beos AG, die 2010 gegründet wurde, begleitete in Deutschland im vergangenen Jahrzehnt die Entwicklung bzw. den Wandel vom Eigentümer- zum Mietermarkt bei Industrieimmobilien. Nach Uttichs Meinung sind hier vor allem Multi-Tenant-Immobilien das Modell der Zukunft. Ähnlich wie Hauri zu Beginn verwies er darauf, dass die Liegenschaften flexibel nutzbar sein müssen. «Am Ende entscheidet die Drittverwendungsfähigkeit über den Erfolg einer Immobilie.» Die Maxime bei dieser Immobilienart laute denn auch nicht «Lage, Lage, Lage», sondern «Nutzer, Nutzer, Nutzer». Ein wesentlicher Faktor sei die Nähe zum Kunden und der Austausch mit diesem. Dies gehöre zum professionellen Asset Management von heute dazu.
Hier die einzelnen Präsentationen der Referenten zum Herunterladen:
Nächstes Immobiliengespräch zum Thema Nachhaltigkeit
Moderator Markus Schmidiger schloss den gelungenen Event-Abend mit dem Hinweis auf das kommende 78. Schweizer Immobiliengespräch ab. Dann wird es um das Thema Nachhaltigkeit in der Branche gehen und die Frage gestellt: «Wie nachhaltig sind nachhaltige Immobilien?» Das Datum der Veranstaltung ist Donnerstag, der 7. November 2019. Weitere Informationen finden Sie in Kürze unter dem folgenden Link: www.immobiliengespraeche.ch/78/