23. Januar 2020: Real Estate Symposium

Das nächste Real Estate Symposium der fünf Fachkammern des SVIT findet bereits im Januar 2020 statt und zwar am 23. Januar

Meins, deins oder unseres?

Was gehört mir und was gehört allen? Eine Frage, die in der Immobilienwirtschaft lange kein Thema war bis in Europa die Forderung nach Enteignung laut wurde. Bröckelt das Eigentumsrecht auch in der Schweiz?

Kollektivbesitz, Verstaatlichung oder Vergenossenschaftlichung: Das private Eigentum gerät zunehmend unter Druck, die rechtlichen und wirtschaftlichen Grundpfeiler der Jahrzehnte seit dem Zweiten Weltkrieg werden zurzeit häufig in Frage gestellt. Die Garantie des privaten Eigentums sorgt bisher für Sicherheit und trägt zur prosperierenden Entwicklung der Schweiz bei. Denn nur ein Staat, der Eigentum schützt, bietet dem Einzelnen die Möglichkeit im Rahmen seines Eigentums Einfluss zu nehmen. Die Immobilienwirtschaft beschäftigt sich deshalb stark mit diesen Themen – auch auf dem politischen Parkett. Zu starke Eingriffe des Regulators lähmen die Entwicklung auf vielen Ebenen. Das schweizerische Zivilgesetzbuch definiert Eigentum als das Recht, über eine Sache in den Schranken der Rechtsordnung zu verfügen. In Artikel 641 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches heisst es: «Wer Eigentümer einer Sache ist, kann in den Schranken der Rechtsordnung über sie nach seinem Belieben verfügen. Er hat das Recht, sie von jedem, der sie ihm vorenthält, heraus zu verlangen und jede ungerechtfertigte Einwirkung abzuwehren.»

Hoher Stellenwert

Die Freiheit des Eigentums hat also einen hohen Stellenwert in der liberalen Wirtschaftsordnung. Sie unterliegt jedoch auch Einschränkungen und Verpflichtungen aus dem Privatrecht, dem öffentlichen Recht und nicht zuletzt dem moralischen Anspruch der Gesellschaft. Diese besteht aus Eigentümern, Nichteigentümern und einem Staat, der immer mehr das Gemeinwohl im Auge behalten muss.

Auch die Ansprüche des Staates an die Investoren und Eigentümer von Immobilien nehmen zu. «Eigentum fordert den Berechtigten heraus. Nur wer es auch zum Nutzen anderer gebraucht, indem er adäquaten Wohnraum anbietet, Arbeitsplätze schafft, Kapital zur Verfügung stellt, Produktionsmöglichkeiten eröffnet, Forschung ermöglicht oder in soziale Institutionen investiert, hat selbst einen realen Nutzen davon», schreiben Martina Reinholz und Marc Capeder von der FM Kammer des SVIT im Programm zum Real Estate Symposium, das sich im Januar 2020 diesem Thema widmen wird (siehe Kasten). Darüber hinaus erobern aktuell neue Nutzungsmodelle den Markt, die den Begriff «Eigentum» in Frage stellen und sich mit dem Anspruch von Eigentum kritisch auseinandersetzen. «Die neue Sharing-Gesellschaft hat dem Streben nach Eigentum den Krieg erklärt – oder doch nicht?», fragen Martina Reinholz und Marc Capeder. Historiker, Fachexperten und Zukunftsforscher versuchen, sich am Real Estate Symposium dem Thema «Eigentum verpflichtet» zu nähern.

An den Räten gescheitert
Damit eröffnet sich eine interessante Sichtweise auf die aktuellen Debatten im eidgenössischen Parlament bezüglich der Raumplanung und dem neuen Mietrecht. Und hier zeigt sich die Krux der Materie. Denn beim Mietrecht bevorzugt der Bundesrat eine grundsätzliche Auslegeordnung, welche in eine Gesamtrevision münden soll, während er bei der Raumplanung auf die Kantone setzt und ihnen die Planungs- und Kompensationshoheit beim Bauen ausserhalb der Bauzonen übergeben will. In beiden Fällen scheiterte er bisher an den Kommissionen und den beiden Räten.

«Eigentum verpflichtet»
Das nächste Real Estate Symposium der fünf Fachkammern des SVIT findet bereits im Januar 2020 statt und zwar am 23. Januar im Ambassador House an der Thurgauerstrasse 11 in 8152 Zürich. Es beginnt um 8.30 Uhr und dauert bis 16.30 Uhr. Das Thema lautet «Eigentum verpflichtet». Referenten dazu sind Beat Kappeler, Sozialwissenschaftler, Autor und Publizist; Urs Hausmann, selbständiger Unternehmensberater mit Fokus Strategieentwicklung; Hans-Georg Häusel, Diplom Psychologe und Autor; Christian Ehl, Geschäftsführer Nemetscheck/Bim+, Geschäftsführender Gesellschafter bei Hillert und Co., CTO bei ShareYourSpace; Adrian Mühlematter, Notar und geschäftsleitender Grundbuchverwalter; Stefan Hahn, Head of Technical Facility Management and Energy Management (AIRBUS Defence & Space); Urs Zeiser, Experte für Körpersprache. Tagungsleitung: Marc Capeder, Head Property Management Allianz Suisse Immobilien; Tagungsmoderation: Ursula Unger, freie Moderatorin. Nähere Informationen und Anmeldung unter www.fm-kammer.ch und anmeldung@realestatesymposium.ch

 

«Gut gemeint» ist nicht immer effizient

Je stärker die staatlichen Eingriffe sind, desto besser sollten diese auf Stufe Gesetz oder gar Verfassung festgelegt werden. Dieses Vorgehen bürge für eine demokratische Legitimierung, sagt Strategieberater Urs Hausmann.

Die Ansprüche des Staates an die Investoren und Eigentümer von Immobilien nehmen zu. Der Regulator versucht dabei vor allem eine Überhitzung des Marktes zu verhindern. Wo sehen Sie die Grenzen der staatlichen Einflussnahme?

Urs Hausmann: Die Grenze bildet einerseits eine hinreichende gesetzliche Verankerung der vom «Staat» implementierten Massnahmen. Umso stärker die Eingriffe sind, desto besser sollten diese auf Stufe Gesetz oder gar Verfassung festgelegt werden. Dieses Vorgehen bürgt für eine demokratische Legitimierung. Der konkrete Inhalt in Verordnungen genügt diesem Ansatz nicht. Beispiel: Die Negativzinsen als Instrument der Zentralbank haben eine dürftige gesetzliche Abstützung, nämlich Ziffer 2.1.3 der Geschäftsbedingungen der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Generell kann man sagen, dass erst von wenig zweckmässigen Eingriffen Abstand genommen wird, wenn deren Dysfunktionalität offensichtlich ist und der Schaden für die Gesellschaft untragbar wird.

Sharing Economie steht vor allem im Immobilienbereich in direktem Gegensatz zur Gewährleistung des Eigentums, wie es die Bundesverfassung verlangt. Sehen Sie diese Gewährleistung in Gefahr?

Nein, überhaupt nicht. Weshalb diese Einschätzung? Jede gemietete oder genutzte Sache oder Dienstleistung hat letztlich einen Eigentümer oder eine eigentumsrechtlich verantwortliche Instanz. Durch die zunehmende Separierung von Eigentum und Besitz gilt eigentlich nur, sicherzustellen, dass geeignete gesetzliche Bestimmungen existieren, beziehungsweise vom Gesetzgeber implementiert werden. Beispiele: Uber oder Airbnb.

In Berlin werden die Rufe nach Verstaatlichung von Immobilienbesitz immer lauter. Doch Eigentum ist die Belohnung eigener Anstrengung und wirkt für viele Menschen als Antrieb. Wie weit kann eine Gesellschaft die Aufgabe von eigenem Besitz verlangen?

Sie meinen hier wohl Eigentum und nicht Besitz. Das ist nicht Dasselbe. Am Schluss bringt jede Entscheidung bezogen auf eine Volkswirtschaft – zum Beispiel in Deutschland – Vor- und Nachteile. Beide können kurz-, mittel- oder langfristiger Natur sein. Wenn in Berlin oder in Deutschland keine Privaten mehr investieren, dann ist das nicht zwingend schlecht, aber die Menschen vor Ort dürften letztlich einen sehr hohen Preis dafür bezahlen. Das Grundproblem liegt meines Erachtens darin, dass gesetzliche Eingriffe mit Verboten zwar «gut gemeint» sind, aber weder effektiv noch effizient sind.

Alle Umfragen in der Schweiz zeigen bezüglich dem Wunsch nach einem Eigenheim seit Jahren die gleichen Resultate: Es steht nach wie vor zuoberst . Wie lässt sich dieser individuelle Wunsch mit einer Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft vereinbaren?

Das ist ganz einfach: Es soll konsequent das Verursacherprinzip eingeführt werden und es soll der Kostenwahrheit zum Durchbruch verholfen werden und dies in der gesamten Volkswirtschaft. Wenn ein Einfamilienhaus in einer peripher gelegenen Region das Preisschild der wahren Gesamtkosten trägt, kommt fast niemand mehr auf die Idee, dort ein Einfamilienhaus zu bauen. Dann verhalten sich die Leute nämlich ganz im Sinne der Umwelt und der Gesellschaft.

 

«Die Grenze ist überschritten»

«Es gibt Gesetze, die klar formuliert sein müssen, und wenn sie sich am Eigentum der Marktordnung und der Verfassung vergreifen, ist dies illegal», ist der Publizist und Autor Beat Kappeler überzeugt.

Die Ansprüche des Staates an die Investoren und Eigentümer von Immobilien nehmen zu. Der Regulator versucht dabei vor allem eine Überhitzung des Marktes zu verhindern. Wo sehen Sie die Grenzen der staatlichen Einflussnahme?

Diese Grenze ist längst überschritten. Ob Häuser, Wohnungen, verkauft oder vermietet werden können, soll der Anbieter entscheiden, ohne staatliche Komfort-Vorschriften. Und die Überhitzung des Baumarkts ist ausschliesslich eine Folge der frivolen Geldschöpfung und Nullzins-Politik der Notenbanken, also eine direkte Folge staatlicher Einmischung. Es genügt, wenn das aufhört, und zwar sofort, und die aufgelaufenen Billig-Schulden abbezahlt werden müssen.

Sharing Economie steht vor allem im Immobilienbereich in direktem Gegensatz zur Gewährleistung des Eigentums, wie es die Bundesverfassung verlangt. Sehen Sie diese Gewährleistung in Gefahr?

Soviel ich weiss, hiess das früher WG unter Studenten, Stockwerkeigentum unter Eigentümern, Timesharing mit Hapimag für Urlauber etcetera, und heute Airbnb. Doch immer geht es um rationellere Nutzung des Eigentums an Raum, sodass das effizient ist. Die Auflehnung gegen Airbnb und Uber ist ähnlich irrational wie die Wut 1840 gegen die Eisenbahn. Die Bundesverfassung äussert sich übrigens nicht zu diesen Formen der Nutzung, und ihre Garantien sind deshalb auch nicht gefährdet.

In Berlin werden die Rufe nach Verstaatlichung von Immobilienbesitz immer lauter. Doch Eigentum ist die Belohnung eigener Anstrengung und wirkt für viele Menschen als Antrieb. Wie weit kann eine Gesellschaft die Aufgabe von eigenem Besitz verlangen?

Das kann eine Gesellschaft nicht, denn «there is no such thing as society», etwas grob gesagt. Es gibt Gesetze, die klar formuliert sein müssen, und wenn sie sich am Eigentum der Marktordnung und der Verfassung vergreifen, ist dies illegal. Der Verfassungssatz Deutschlands, dass «Eigentum verpflichtet» ist schwammig, nicht-exekutiv und lädt zu plumpestem Sozialismus ein. Deutschland ist eine einzige Illustration dazu.

Alle Umfragen in der Schweiz zeigen bezüglich dem Wunsch nach einem Eigenheim seit Jahren die gleichen Resultate: Es steht nach wie vor zuoberst . Wie lässt sich dieser individuelle Wunsch mit einer Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft vereinbaren?

Eben, es gibt «die Gesellschaft» nicht. Sondern Raumplanung, Ortsplanung, also klare, formulierte Regeln der öffentlichen Ordnung. Der Rest ist freiwillig. Und wenn es um den Raumbedarf in engem Land geht: die Halensiedlung des Atelier 5 in Bern/Kirchlindach zeigt seit den 50er Jahren, dass ein eigenes Haus, mit Vor- und Hintergarten, uneinsehbar vom Nachbarn, nicht mehr Boden braucht als die Blöcke, mit denen die Vorgaben phantasieloser, und «gesellschaftlich» verantwortungloser Raumplaner seit siebzig Jahren das Wohnen verfälscht haben.

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