Rückblick 83. Schweizer Immobiliengespräch: «Nischeninvestments als Ausweg aus der Renditekompression»

Mit ihrem Thema hat auch die jüngste, von Prof. John Davidson, Dozent und Studienleiter an der Hochschule Luzern moderierte 83. Edition des Schweizer Immobiliengesprächs einen «Nerv» der Branche getroffen.

Zu der Veranstaltung fanden sich am 21. September 2021 deutlich mehr als 100 Teilnehmer im Zürcher Restaurant Metropol ein. Denn «einen Ausweg aus der Renditekompression» zu finden versuchen derzeit viele Immobilieninvestoren, zumal mit der Aussicht auf weiterhin niedrige bis negative Zinsen im Umfeld steigender Leerstandsquoten bei gewerblichen Liegenschaften das Interesse an Anlagealternativen zunimmt.

Logistik- & Life Science-Immobilien

Beispielsweise an Investments im Bereich Logistikimmobilien, einer bereits etablierten institutionellen Anlageklasse. «Logistik bleibt interessant nicht wegen den tiefen Cap Rates für Core-Logistikimmobilien, sondern dem potenziellen Mietwachstum und starken Nachfrage», erklärte Sven Schaltegger, MRICS, Head Multi-Manager Real Estate bei Credit Suisse Asset Management. E-commerce als Katalysator sorge für eine stetige Nachfrage nach Logistikimmobilien seitens einer breiten und auch globalen Mieterschaft; weitere Vorteile seien in der Regel eine volle Indexierung oder fixe jährliche Mieterhöhungen – dies bei relativ geringen, laufenden Investitionen (CapEx) durch die Eigentümer.  Mietkosten machen Schaltegger zufolge bisher nur rund 5 bis 10 Prozent der Gesamtkosten eines typischen Logistikmieters aus im Vergleich zu Personal (25-30%) und Transport (45-55%). Als Fallbeispiel nannte der CS-Experte ein Joint-Venture von Credit Suisse Asset Management in Spanien, um ein bestehendes Portfolio von «last mile» Logistikimmobilien und in Madrid und Barcelona mit einem Gebäudewert von rund 78 Mio. Euro zu erwerben, mit welchem eine attraktive Rendite angestrebt werde. Zwei Bauvorhaben könnten voraussichtlich in der zweiten Hälfte 2021 abgeschlossen werden.

Mit einer ebenfalls attraktiven Rendite rechne Credit Suisse Asset Management bei einem Life Science Investment in den wichtigsten Life Science Hubs in den USA und im UK.  Der Life Science-Sector zählt derzeit weltweit zu den stark wachsenden Wirtschaftssektoren, entsprechende Immobilien erfahren daher eine hohe Nachfrage. Die Attraktivität des Multi-Manager Real Estate-Portfolios zeichnet sich Schaltegger zufolge u.a. dadurch aus, dass die Objekte durch die unter den jeweiligen Marktmieten liegenden Mieten Wertsteigerungspotential haben; über weiteres Renditepotenzial verfüge der Fonds aufgrund der bestehenden Entwicklungspipeline.

 

Rendite muss angemessen sein

«Nischeninvestments können sehr attraktiv sein», erklärte Robert Varley, Fund Manager Pan European Property bei Schroder Investment Management (Switzerland) AG. Zudem gehörten Nischen schon seit langem zu einem ausgewogenen Portfolio – schon aus Gründen der Diversifikation. Alles in allem machten Nischeninvestments in Europa absolut gesehen erst 8,5 Prozent des Transaktionsvolumens aus, wobei in den letzten Jahren insbesondere der Sektor F&E (Forschung & Entwicklung, engl. R&D Research & Development) ein starkes Wachstum verzeichnete. Für den Schroders-Experten ist «Renditekompression» allerdings nicht mit «Nischendruck» gleichzusetzen. Denn zum einen blieben Nischen nicht für immer Nischen – und würden somit auch nicht immer mehr Rendite bieten. Varley verglich dazu ein Hotelimmobilien-Projekt in Barcelona mit einem Investment im Life-Science-Sektor in Stein.  Bei dem Capex-Projekt in Barcelona lag die Rendite nach der Repositionierung des Hotels bei einem 25jährigen Mietvertrag (75% indexiert) mit einer grossen Hotelkette bei > 5 Prozent. Bei dem hochmodernen R&F-Center in Stein stehe mit einem 30jährigen Mietvertrag (Triple net, 100% indexiert) eine Nettorendite von <4 Prozent unter dem Strich.

Zum anderen brauchten Nischen in der Regel auch Spezialwissen und weitere AM-/IM-Skills, gab Varley zu bedenken: «Nischen bergen manchmal andere Risiken, weshalb deshalb die erzielte Rendite der Strategie angemessen sein muss.»

 

Seniorenwohnen und Student Housing 

Alternative Investitionsmöglichkeiten mit hohem Zukunftspotenzial sieht Nils Linsi, Portfoliomanager bei Swiss Life Asset Managers angesichts der demografischen Entwicklung und dem Megatrend Gesundheit im Segment Seniorenimmobilien. Dessen Bandbreite ist sehr gross: Sie reicht vom Wohnen daheim über alterstaugliches Wohnen mit Services über Intermediäre Wohnformen (Residenzen, Betreutes Wohnen) und Wohnen im Altersheim bis zum Pflegewohnen (para-medizinische und medizinisch Intstitutionen), wobei mit je nach Betreuungsintensität auch die Kostenintensität zunimmt.  Hier empfehle sich die Zusammenarbeit mit Spezialisten, sagte der Swiss-Life-Experte: «Seniorenwohnheime eignen sich als Diversifikation in einem Immobilienportfolio mit dem richtigen Partner.» Als Beispiel aus der Praxis nannte er die «Oase Rümlang – Wohnen im Alter», eine Altersresidenz, die ein Haus mit 33 Pflegeplätzen sowie Restaurant, Fitness und vier Häusern mit insgesamt 41 betreuten modernen Wohnungen, Parkplätzen und Nebenflächen umfasst. «Die richtige Durchmischung ist an Lagen wie Rümlang oder Obergösgen entscheidend», sagte Linsi. In Rümlang bestehe eine langjährige Partnerschaft mit der Oase-Gruppe und ein Mietvertrag über 25 Jahre mit der Oase Service AG.

Auch im Bereich Student Housing sehe Swiss Life Asset Managers angesichts der weiterhin wachsenden Studierendenzahlen Chancen, sagt Linsi und verwies dazu auf das Beispiel des Studentenwohnheims «Triaudes» auf dem EPFL-Campus in Lausanne, dessen Wohnraumangebot sich aus durch einen breiten Mix von Studios und 2,5-, 3,5- und 5,5-Zimmerwohnungen auszeichne. Die Bruttorendite bei der 2018 im Baurecht erstellten Liegenschaft beziffere sich auf 5,4 Prozent, so Linsi.  «In den vergangenen zehn Jahren betrug das Wachstum der EPFL um über 60 Prozent; zum Campus zählen heute über 28.000 Studierende und Lehrkräfte.»

 

FAZIT

Nicht nur für Moderator John Davidson stand am Ende des informativen Anlasses fest: Nischeninvestments können sich lohnen, allerdings gelte es, beim Zukauf solcher Immobilien oder Projektentwicklungen sehr genau hinzuschauen: Denn wie immer bei Spezialimmobilien seien fundiertes Expertenwissen erforderlich, was in vielen Fällen die Zusammenarbeit mit spezialisierten Partnern nahelege. Und nicht zuletzt sei für den Erfolg solcher Investments die richtige Standortwahl entscheiden – ein vertieftes Research daher unabdingbar.

Das kommende 84. Schweizer Immobiliengespräch findet am 02. Novemver 2021 statt.

(Visited 1.084 times, 1 visits today)

Weitere Beiträge zum Thema