Rückblick 95. Schweizer Immobiliengespräch

Rückblick – Im vergangenen Jahr standen aus gegebenem Anlass die Risiken an den Immobilienmärkten im Fokus bei dem von IMMOBILIEN Business und RICS Schweiz veranstalteten Schweizer Immobiliengespräch – bei der aktuellen Edition des Events waren es vor allem die Chancen.

 

Mit dem Thema des 95. Schweizer Immobiliengesprächs «RICS about Opportunities » haben die Veranstalter einmal mehr den Nerv der Branche getroffen. Der sehr schnell ausgebuchte Event stand ganz im Zeichen der Opportunitäten auf den Immobilienmärkten sowie den Immobilienkapitalmärkten: Über 300 Teilnehmer folgten den spannenden Ausführungen und exklusiven Einblicken der renommierten Referierenden im Marriott Hotel Zürich. Wie in den fünf Jahren davor beleuchtete die gemeinsam von IMMOBILIEN Business und RICS Schweiz organisierte Jahres-Endveranstaltung zielführend und kritisch die wichtigsten vier Regionen: Die Schweiz, Europa, die USA und Asien.

IB Rückblick rics
Angeregte Diskussion: Jürg Syz (v.l.), Adrian Wyss, Roger Hennig, Andrew C. Angeli und Michael Trübestein

Chancen in schwierigem Umfeld

«Während wir 2022 insbesondere die Risiken beleuchteten, die dann in 2023 fast genau so auch eingetroffen sind, möchten wir uns nun den Opportunitäten widmen», erklärte Prof. Dr. Michael Trübestein FRICS, Präsident der RICS Schweiz, in seinem Eröffnungsreferat. Dabei wählte er für die derzeitige Situation eine Analogie aus der Natur: Die aktuelle Situation auf den Immobilienmärkten scheint teilweise einem Hurrikan zu gleichen: Das windstille Auge, die Schweiz als «Insel der Glückseligen», wird von massiven, stürmischen Herausforderungen auf vielen ausländischen Märkten umgeben. Die Wahl des richtigen «Kurses», das heisst, die strategisch fundierte Ausrichtung der Immobilieninvestitionen und das strukturierte Auffinden von Opportunitäten, ist daher wesentlich. Gleichzeitig ist zu evaluieren, ob die derzeitigen Situationen in den Märkten wirklich so kritisch sind und wie die jeweiligen Märkte einzuordnen sind. Die jüngsten geopolitische Entwicklungen, höhere Inflationsraten in der EU und in den USA, sehr schnell steigende Zinsen, Bewertungskorrekturen, negativer Leverage, Stranded Assets sowie zunehmende politische Restriktionen führen zu starker Verunsicherung bei den Marktakteuren und nachlassenden Immobilieninvestitionen weltweit. Dabei bieten viele Segmente spannende Investitionsmöglichkeiten. Ferner wirken Megatrends wie respektive Nachhaltigkeit und Digitalisierung als Herausforderung, aber auch als Marktchance. Investoren sollten nun stark über eine antizyklische Investitionsstrategie nachdenken und Einstiegsmöglichkeiten gekonnt nutzen. Aber welche und wie? Eine perfekte Vorlage für die folgenden Referierenden.

Standardisiertes Bauen für preisgünstigen Wohnraum

Zunächst berichtete Adrian Wyss, Head Division Real Estate bei Implenia, über die Marktsituation in Deutschland und der Schweiz, den Kernmärkten seiner Gesellschaft. Während der Entwicklermarkt in Deutschland nach der Zinswende ins Trudeln geraten sei, gestalte sich die Lage in der Schweiz deutlich stabiler aufgrund der robusten Wirtschaft, der niedrigeren Inflation und dem niedrigerem Zinsniveau sowie der Zuwanderung, die vor allem die Wohnimmobilienmärkte stütze. Gleichwohl gebe es aufgrund der Wohnungsknappheit und steigenden Kosten grosse Herausforderungen. Diesen begegne Implenia als Immobiliendienstleister mit wirkungsvollen sowie auf Nachhaltigkeit fokussierten Strategien. Die Digitalisierung biete hier grosse Chancen. Wie Wyss ausführte, entwickelt Implenia derzeit eine Lösung für den Bau von Hotels und preisgünstigen Wohnungen: Einen Konfigurator, der standardisiertes Bauen mit vorgefertigten Bauteilen und damit schlankere Prozesse und kürzere Bauzeiten ermöglicht. «Damit kann man auch dem Fachkräftemangel begegnen und preislich attraktiv bleiben, bei guter Qualität», so Wyss. Voraussetzung dafür sei ein «digitales Ökosystem», welches Implenia derzeit aufbaue. Mit Blick auf den Wohnungsmarkt sieht Wyss auch in Deutschland Opportunitäten, da dort jährlich 400.000 Wohnungen fehlten.

Gute Lagen in Winning Cities

Einen Einblick in die europäischen Immobilieninvestmentmärkte gab Roger Hennig MRICS. Chancen für rentable Investments macht der Leiter Real Estate Investment Switzerland and Germany bei Schroders vor allem in den Winning Cities aus. Diese zeichnen sich, kurz gefasst, durch langfristig zu erwartendes überdurchschnittliches Wachstum bei gleichzeitiger Knappheit in bestimmten Marktsegmenten aus, beispielsweise an Büroflächen. Gleichwohl sei auch bei den Winning Cities der genaue Hinblick geboten: So gebe es beispielsweise in London und in Paris, den grössten und liquidesten Büromärkten in Europa, grosse Verschiebungen – etwa weg von Canary Wharf oder La Défense, hinein in die Cities. «Das Büro ist nicht tot», sagt Hennig. «Aber die Nachfrage fokussiert sich immer stärker auf gute Lagen.» Hier wie dort seien «weniger grosse, aber moderne Flächen» gefragt, in Gebäuden mit gutem ESG-Rating, mit Anschluss an den Verkehr sowie Annehmlichkeiten im Gebäude wie beispielsweise Cafés und Restaurants, Dienstleister, Healthcare- Angebote oder Geschäfte.

Risikoanalyse wird wichtiger

Im Anschluss berichtete Andrew C. Angeli, Global Head of Real Estate Research & Strategy der Zurich Insurance Ltd. in Zürich, über die Immobilienmärkte der USA, die sich derzeit durch sehr hohe Leerstände an den Büromärkten auszeichnen. «Die Transaktionsvolumen sinken sowohl im Hinblick auf die Anzahl der Verkäufe als auch auf das Volumen», so der Zurich-Experte. Der wirtschaftliche Ausblick für die Vereinigten Staaten sei eher trübe, zudem gebe es mit Blick auf die dort bevorstehenden Wahlen einige Unwägbarkeiten. So seien derzeit nur 14 Prozent der USAmerikaner mit dem aktuellen Präsidenten zufrieden. Opportunitäten sieht Angeli aktuell insbesondere in der Immobilienfinanzierung, vorzugsweise in Secondary Funds sowie bei Mezzanine-Krediten – nicht zuletzt, da viele der in diesen Vehikeln investierten Anleger derzeit den Exit suchten und ihre Anteile an Finanzierungen auch für Top-Assets mit hohen Abschlägen verkauften. Desweiteren wies Angeli darauf hin, dass Investoren die mit dem Klimawandel verbundenen häufiger werdenden Sturm- und Hochwasserschäden sowie Waldbrände in ihre Kalkulationen einbeziehen müssten, um zu antizipieren, wie ein Markt künftig funktionieren wird. Städte, die diesen Risiken besonders ausgesetzt sind, sind demnach zukünftig nur noch bedingt investierbar. Eine erste Indikation dafür sind sehr stark steigende Versicherungsprämien. Die Risikoanalyse – traditionell bei Versicherungskonzernen stark ausgeprägt – gewinnt damit auch in der Immobilienwirtschaft Bedeutung.

Blick nach Asien

Jürg Syz, Partner bei Asia Green Real Estate, warf einen Blick auf die asiatischen Immobilienmärkte, die sich in vieler Hinsicht stark voneinander unterscheiden. Beispielsweise beim Bevölkerungswachstum. In Japan etwa, einem transparenten und wie Australien oder Singapur «reifen» asiatischen Markt, schrumpfe die Bevölkerungszahl kontinuierlich. «Damit wird auch in Tokio die Lage einer Immobilie entscheidender », sagt Syz. Ähnliches gelte für Hongkong: «Multinationale Konzerne nehmen nun eher in Singapur, der klar bevorzugten Gateway City Asiens, ihren Sitz.» Doch sei der Platz in dem Insel- und Stadtstaat bekanntlich begrenzt. Als Beispiele für stark wachsende Städte mit ansprechenden «Fundamentaldaten » nannte Syz Städte wie Chengdu in China, und Hanoi in Vietnam – sowie Jakarta in Indonesien, wo es auch in der City noch Baugrundstücke gebe. «Im Unterschied zu den USA und zu Europa gibt es in Asien eine stabile bis steigende Nachfrage nach Büroflächen», sagt Syz: «Angesichts der oftmals beengten Wohnsituation in den Millionenstädten ist Home Office ist in den meisten asiatischen Märkten kein Thema.» Ferner unterscheiden sich die Zinsentwicklungen in den asiatischen Märkten stark und divergieren teilweise fundamental von den sehr stark angestiegenen Zinsen in Europa und den USA

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