Projektentwicklung Autohaus

Projektentwicklung – Autokonzerne investieren riesige Summen in neue Niederlassungen, exklusive Showrooms und spektakuläre Museen. Die Immobilie wird dabei zum Markenbotschafter.

In Planung: Der neue Porsche-Sitz samt Niederlassung in Zug.
In Planung: Der neue Porsche-Sitz samt Niederlassung in Zug.

Die Porsche Schweiz AG baut einen neuen Firmensitz samt Niederlassung in Zug. So weit, so unspektakulär. Doch ein Satz in der Mitteilung des Unternehmens lässt aufhorchen: «Die Niederlassung wird entsprechend der Porsche- CI errichtet.» Corporate Identity und Autohäuser, das klingt zunächst nach heisser Luft aus PR-Wortblasen. Autokonzerne nehmen das Thema bei ihren Neubauprojekten allerdings sehr ernst. Wenn BMW, Porsche oder VW von «Wiedererkennungswert», «Festigung der Marke» und «weltweit unverwechselbarem Design» sprechen, heisst das für die beteiligten Immobilienspezialisten: Es gibt umfangreiche Vorgaben und detaillierte Regelungen, was das Interior Design und für den Bau verwendete Materialien angeht.

Alles andere als ein Nischenthema

Das gesamte Bauvorhaben wird dem Ziel untergeordnet, die Strategie und den Markenkern des Unternehmens zu kommunizieren. Und zwar weltweit einheitlich. Ob er sein Auto in Zürich, Paris oder Shanghai kauft – der Kunde soll schon beim Betreten des Autohauses spüren, dass er bei Porsche ist und nicht etwa beim Konkurrenten BMW. Um diesen Eindruck zu festigen, muss das kleinste Detail stimmen. «Beispielsweise sind die Podeste, auf denen die Fahrzeuge präsentiert werden, standardisiert und müssen zum Raster der Fliese passen», berichtet Dierk Mutschler, Vorstand beim Projektentwickler Drees & Sommer (Dreso), von seinen Erfahrungen.

Dass CI im Autohausbau alles andere als ein Nischenthema ist, belegt er mit nackten Zahlen: Das Automotive-Team bei Drees & Sommer umfasst zwischen 70 und 80 Mitarbeitende und steuert jährlich 20 bis 25 Millionen Euro zum Umsatz der Gruppe bei. Aktuell betreuen Mutschler und seine Kollegen rund 30 internationale Projekte, von ersten Anfragen bis zu Objekten, die sich bereits im Bau befinden. Das Investitionsvolumen liegt jeweils zwischen zehn und 80 Millionen Euro. Zu den herausragenden Projekten, die Mutschler betreute, zählen die Mercedes-Benz-Welt in Stuttgart und die Mercedes-Niederlassung in Mailand, die seit 2011 in Betrieb ist.

«Die Immobilien sollen Aushängeschilder der Marke sein und die Unternehmenssprache sprechen.» Dierk Mutschler, Drees & Sommer.
«Die Immobilien sollen Aushängeschilder der Marke sein und die Unternehmenssprache sprechen.» Dierk Mutschler, Drees & Sommer.

Neue Märkte erschliessen

Neu ist das Thema CI im Autohausbau also nicht. Zumindest nicht in Europa. Hier sind die meisten Autohäuser schon in den letzten zehn Jahren CI-gemäss auf Vordermann gebracht worden. Aber angesichts rückläufiger Absatzzahlen im Heimatmarkt Deutschland setzen die grossen Fahrzeugbauer auf Expansion in Länder mit hohem Wirt schaftswachstum und hoher Bevölkerungszahl – Paradebeispiel China. Porsche etwa will die Zahl seiner Zentren in China von derzeit 65 binnen zweier Jahre auf 100 steigern. Doch es geht um mehr als um simple Autohäuser. In Shanghai ist derzeit direkt neben der Formel-1-Rennstrecke Chinas erstes «Porsche Experience Center» in Bau. Im kommenden Frühjahr soll die Eröffnung gefeiert werden. Für 17 Millionen Euro entsteht auf einer Fläche von 100.000 Quadratmetern ein Fahrzentrum. Auf verschiedenen Parcours sollen die Besucher künftig ihre Fahrzeuge testen können.

Auch die Daimler-Tochter Mercedes- Benz Cars ist in China längst gut vertreten. Das Vertriebsnetz wächst alleine im Jahr 2013 um 75 neue Händler, immer stärker ist die Marke auch ausserhalb der grössten Metropolen des Landes präsent. Und der Konzern plant etwas Besonderes: In Peking soll ein Mercedes Benz Cultural Center «mit wegweisender Architektur» entstehen, so der Autokonzern. Ein Architektenwettbewerb läuft bereits. Zwar will Daimler in Peking auch Autos verkaufen, doch zentraler Bestandteil des Vorhabens ist ein Mercedes- Benz-Museum – um die Chinesen an die Marke Mercedes heranzuführen. Das erste Museum in Stuttgart hat seit der Eröffnung 2006 über fünf Millionen Besucher angezogen und ist mit mehreren Architekturpreisen ausgezeichnet worden. Die Baukosten lagen bei 150 Millionen Euro. Dass nun fast achttausend Kilometer vom Firmensitz in Stuttgart-Untertürkheim entfernt das weltweit zweite Mercedes-Museum entstehen soll, zeigt, wie ernst es Daimler mit seinem Investment in den chinesischen Markt ist.

Hier werden tatsächlich Autos verkauft: Der BMW Brand Store in Paris
Hier werden tatsächlich Autos verkauft: Der BMW Brand Store in Paris

Kein Bauen von der Stange

Wer viel investiert, erwartet auch viel. Die Ansprüche der Fahrzeugbauer an die Planer ihrer Niederlassungen sind hoch. Die Immobilien sollen Aushängeschilder der Marke sein und «die Unternehmenssprache sprechen», wie Dreso-Vorstand Mutschler es ausdrückt. Zugleich ist gerade im Exterieur architektonische Individualität gefragt. Wiedererkennungswert der Marke ja, aber bitte mit hochkarätiger Architektur. Wenig verwunderlich also, dass Mutschler es als die Hauptaufgabe für die Projektsteuerer beschreibt, die CI-Teams des Unternehmens mit den Planern und Architekten vor Ort zusammenzubringen. Die CI-Vorgaben des Auftraggebers an die spezifischen Gegebenheiten in den jeweiligen Ländern anzupassen, ist für ihn die spannendste, weil kniffligste Aufgabe. «Wie setze ich die Benchmarks des Unternehmens in einem Hochpreisland wie Deutschland um, wie in einem als Niedrigpreisland bekannten Land wie China?», formuliert er die Frage, die alle Projektbeteiligten umtreibt. Ein Praxisbeispiel: Die Autos in den Niederlassungen müssen regelmässig gereinigt werden, denn kein Kunde möchte staubige Fahrzeuge in den Ausstellungsräumen sehen. Für die Fahrzeugreinigung gibt es unterschiedliche Standards, häufig wird eine Waschstrasse in die Niederlassung integriert. In einem Niedrigpreisland jedoch könnte man sich gegen eine solche Investition entscheiden und eine andere Vorgehensweise favorisieren.

In der Aussenkommunikation beteuern die Autokonzerne, dass es bei ihren CI-Vorgaben nur darauf ankomme, ein unverwechselbares Markenerlebnis zu schaffen. Fragen nach wirtschaftlichen Vorteilen durch CI-Vorgaben weichen die Unternehmenssprecher elegant aus. Doch es ist naheliegend, dass mit standardisierten Planungsabläufen und einheitlichem Interior Design erhebliche Einsparungen realisiert werden können. Und Einspareffekte sind auch dringend nötig, denn zumindest in den Heimatmärkten scheint der Automarkt allmählich gesättigt. Viele Händler verzeichnen seit Jahren sinkende Umsätze. Nach Angaben von Branchenexperten sind zahlreiche deutsche Händlerbetriebe von der Insolvenz bedroht und müssen von den Herstellerkonzernen jedes Jahr mit Millionenzahlungen gestützt werden. Naheliegend also, dass diese nach neuen Vertriebswegen suchen.

Spektakuläre Architektur: Innenansicht des Mercedes-Benz-Museums.
Spektakuläre Architektur: Innenansicht des Mercedes-Benz-Museums.

Porsche plant Milliarden-Investitionen

Neben China rücken deshalb auch allmählich andere Ländermärkte in den Fokus. Porsche beispielsweise baut in Atlanta einen neuen US-Hauptsitz nebst Kunden-Trainingsstrecke. Und im kalifornischen Carson plant der Sportwagenbauer den Bau eines weiteren Kunden-Testgeländes. Die Investitionssumme beläuft sich hier auf mehr als 100 Millionen US-Dollar. Die Wachstumspläne des Konzerns sind ohnehin beeindruckend: Bis zum Jahr 2018 will Porsche weltweit mehr als tausend Zentren betreiben, derzeit sind es 750. In den Ausbau der Porsche- eigenen Niederlassungen in aller Welt werden das Unternehmen und die privaten Investoren, in der Regel die Eigentümer der Porsche-Zentren, bis 2018 die gewaltige Summe von rund zwei Milliarden Euro investieren. Andere Branchenkenner nennen auch Länder wie Mexiko und Brasilien als neue Wachstumsmärkte. Produziert wird dort schon längst, da scheint es nur naheliegend, den Vertrieb vor Ort auch zu stärken.

In Europa werden die Niederlassungen unterdessen kleiner, aber exklusiver. BMW ist wohl der Autobauer mit dem derzeit radikalsten Konzept, was den Vertrieb betrifft. Nicht nur testet das Unternehmen schon den Direktvertrieb von Autos per Internet. Im Zuge des Programms «Future Retail» werden auch neue Markenpräsenzen geschaffen, sogenannte Brand Stores. Für BMW gibt es bereits solche in Paris und London, für die Marke Mini in Amsterdam. Anstatt dort viele verschiedene Neuwagen vorzuhalten, werden nur wenige Modelle in Showrooms inszeniert, die beinahe edlen Luxus- boutiquen gleichen. Zunehmend setzt der Konzern auch auf virtuelle Produktpräsentationen, wie bereits in der Niederlassung Zürich und in der BMWWelt in München zu erleben ist. Spektakulär, aber auch kostensparend.

Ob edler Showroom oder Auto-Museum – auf die Projektplaner im Automotive- Sektor kommen einige Neuerungen zu. Doch zumindest Drees & Sommer- Vorstand Mutschler wird angesichts dieser Entwicklungen nicht bange, im Gegenteil, er freut sich auf neue Herausforderungen. «Es macht uns Spass, Projekte mit einer gewissen Komplexität zu betreuen», sagt er, und man hört ihm dabei an, dass er am liebsten sofort loslegen würde.

Bilder: Drees & Sommer, Porsche Schweiz AG, BMW Group, Mercedes Benz Museum

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