Büroobjekte als Anlageklasse

Schweizer Bürogebäude haben Investoren in den letzten zehn Jahren im Schnitt 5,8 Prozent Rendite jährlich gebracht. Wer allerdings heute direkt in Büroflächen investiere, müsse seine Erwartungen tiefer ansetzen, stellen die Ökonomen der UBS fest.

In der Gunst von Investoren, Projektentwicklern und Anlegern stehen Bürogebäude ganz weit oben.
In der Gunst von Investoren, Projektentwicklern und Anlegern stehen Bürogebäude ganz weit oben.

«Unübersehbare Zeichen für Fehlallokationen»

konstatiert auch Credit Suisse Real Estate Research: «Die tiefen Zinsen erhöhen die Barwerte der veranschlagten, künftigen Mieterträge und verleiten Investoren dazu, zu viele Büroflächenprojekte in Angriff zu nehmen.» Die Folgen: steigende Leerstände, sinkende Mieten – ähnlich wie im Ausland, wenngleich nicht ganz so dramatisch: In den europäischen Bürohochburgen wie London, Frankfurt oder Paris hinterlassen die wirtschaftlichen Marktschwankungen am Büromarkt in der Regel deutlichere Spuren als in der Schweiz. Dennoch bleiben Bürogebäude für Immobilieninvestoren die klassische und nach wie vor beliebte Anlagekategorie, global gesehen. So wird die Nutzung «Office» auf dem globalen Büroimmobilienmarkt am häufigsten gehandelt; gemäss RCA Real Capital Analytics lag ihr Anteil an den weltweiten Immobilientransaktionen im ersten Halbjahr 2013 bei 37 Prozent. In der Schweiz dominieren bei den Immobilienanlagen zwar traditionell die Mehrfamilienhäuser, doch spielen bei institutionellen Investoren wie auf dem Transaktionsmarkt auch Geschäftsimmobilien mit Büroflächen eine wichtige Rolle.

 

Quelle: Real Capital Analytics
Quelle: Real Capital Analytics

Investoren wissen, was sie tun

Beim ersten Blick auf das Risiko-­Rendite-­Profil ist diese Präferenz nicht unbedingt einleuchtend. Würden die Gesamtrenditen, d.h. die Cashflow ­ und Wertänderungsrendite, der verschiedenen Immobiliennutzungen miteinander verglichen, schnitten Büros schlecht ab, konstatiert Wüest & Partner in der Herbstausgabe des «Immo­Monitoring 2014/1». Ihre Renditen seien tiefer –wenn auch nicht massiv – und vor allem ihre Schwankungen im Zeitverlauf seien deutlich höher als andernorts. Das heisst: Beim Kauf von Büroimmobilien nehmen Investoren mehr Risiko in Kauf, um ein bestimmtes Renditeniveau zu erreichen – mit Investitionen in Wohnen oder Verkauf lässt sich demnach bei geringerem Risiko mehr Rendite erzielen. Somit stellt sich die Frage, warum das Office ­Segment seit Jahren so attraktiv ist. Auf der Suche nach den Ursachen hat Wüest & Partner für das «Immo­Monitoring» 24 in der Deutschschweiz domizilierte institutionelle Immobilieninvestoren und ­entwickler befragt. Die grosse Mehrheit der Umfrageteilnehmer ist in der gesamten Schweiz tätig; ihre Portfolios (Summe der Marktwerte: über 70 Mrd. CHF) bestehen ausschliesslich oder zu einem nennenswerten Anteil aus Geschäftsliegenschaften. Mehrheitlich stimmten die Befragten zu, dass das Risiko­-Rendite-­Profil von Büroliegenschaften innerhalb des Anlageuniversums von etablierten Renditeliegenschaften schwach ausfällt. Die Investoren sind sich durchaus bewusst, dass die Renditen von Büros sowohl auf einer Talfahrt als auch in Boomphasen stärker als andere Nutzungen von der Marktentwicklung geprägt werden. Dass Büroliegenschaften neben Mehrfamilienhäusern bei etlichen hiesigen Investoren die erste und teilweise auch einzige Wahl im Zuge ihrer Investitionen oder auch Bauprojekte darstellen, lässt sich gemäss den Ergebnissen der W+P­ Umfrage schlicht mit dem Mangel an Alternativen erklären: Die Hälfte aller befragten Entscheidungsträger äusserte sich in diese Richtung. Dabei betonten sie die mangelnde kritische Grösse anderer Investitionsoptionen: Büroliegenschaften erlauben in der Tendenz grössere Investitionsvolumen als beispielsweise Mehrfamilienhäuser. «Insbesondere beim Handel von bestehenden Liegenschaften dürfte diese Einschätzung zutreffend sein», kommentiert Patrick Schnorf, LeiterResearch bei Wüest & Partner. Ferner wiesen Büroflächen andere Eigenheiten auf als Mehrfamilienhäuser oder Detailhandelsflächen; vor allem zeigten sich in der operativen Bewirtschaftung Differenzen: Zwar gestalte sich die Erst­ oder Wiedervermietung eines Bürogebäudes aufgrund des geringeren Standardisierungsgrads sowohl der Mietobjekte als auch der Mietvertragskonditionen aufwendiger als bei einem Mehrfamilienhaus. Doch seien die Mietverträge einmal unter Dach und Fach und ein Bürogebäude voll vermietet, falle das notwendige Engagement der Verwaltung geringer aus als etwa bei Mehrfamilienhäusern.

Quelle: IPD
Quelle: IPD

«Leiden auf hohem Niveau»

Ein anderer, wenn auch sehr individueller Grund, in Büroliegenschaften zu investieren, liege in den rechtlichen Voraussetzungen der Investoren. So seien börsenkotierte Immobiliengesellschaften angehalten, aufgrund der Lex Koller in Geschäfts-­ und nicht in Wohnliegenschaften zu investieren. «Dies wirkt sich auf die investitionsseitige Nachfrage nach Büroliegenschaften aus», sagt Schnorf. Darüber hinaus spielten auch Aspekte wie Optimierungsmöglichkeiten bei der Mehrwertsteuer auf den Mieterträgen, spezifische Bestimmungen im Versicherungsumfeld oder das Mietrecht eine Rolle. «Gerade durch den rechtlichen Rahmen lässt sich die objektbezogene Cashflow ­ oder auch die Wertänderungsrendite positiv oder negativ beeinflussen», so Schnorf. Von untergeordneter Bedeutung sei hingegen der Anspruch auf die Erzielung eines Diversifikationsbeitrages: Dieser war zumindest in den vergangenen zehn Jahren bei den Büroimmobilien in der Schweiz nicht nennenswert. Dass Büroliegenschaften für Immobilieninvestoren ihren eigenen Charme haben, zeigt nicht zuletzt der Vergleich mit den Anlagealternativen. «Wird die mittlere jährliche Gesamtrendite von Schweizer Büroliegenschaften der letzten Dekade mit den in anderen Assetklassen erzielten Renditen verglichen, darf die diagnostizierte «Renditeschwäche» von Büroliegenschaften als Leiden auf hohem Niveau taxiert werden», konstatiert Schnorf. «Insbesondere bezüglich der laufenden Erfolgsrechnung von Investoren vermögen Büroliegenschaften mit einer relativ hohen und stabilen Cashflowrendite zu überzeugen.» Die Komponente der weniger überzeugenden Wertänderungsrendite sei in zwei Konstellationen relevant: Erstens, wenn Wertänderungen erfolgswirksam verbucht werden, und zweitens bei Desinvestitionen, also Verkäufen. Durch die stärkeren Wertschwankungen von Büroliegenschaften im Vergleich zu Mehrfamilienhäusern komme den Kauf­ und Verkaufszeit­ punkten eine noch wichtigere Bedeutung zu, als dies ohnehin bei allen Investitionen der Fall ist: «Das Timing ist also wichtig.»

Quelle: Wuest und Partner
Quelle: Wuest und Partner

Spannendes und interessantes Produkt

Bei der ausschliesslichen Fokussierung auf das Risiko­Rendite­Profil dürfe nicht vergessen werden, dass viele Gründe für die Investition in Büroliegenschaften sprechen, betont Schnorf. «Viele Investoren sehen Büronutzungen als spannendes und interessantes Produkt, das zum ‹Erzählen› einer glaubwürdigen Geschichte für das anlegerseitige Zielpublikum bedeutsam ist.» Ferner hätten sich viele Investoren gerade bezüglich dieser Nutzung ein breites Know­how aufgebaut. Schnorf zufolge sind es mitunter diese Faktoren, welche die Gründung und die erfolgreiche Existenz von Immobiliengesellschaften mit reinen Geschäftsliegenschaften begünstigen beziehungsweise erklären. Ferner unterstreiche die in den vergangenen zehn Jahren beobachtbare Tendenz, Portfolios mit einem gemischten Immobilienbestand nach mehr Nutzungen zu separieren, das Bedürfnis nach transparenten, klar ausgerichteten Anlagemöglichkeiten.

Quellen: IPD; SNB
Quellen: IPD; SNB
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