Gesetzesänderung: Künftig mehr Bauprojekte in Schutzgebieten erlaubt?
Die Umweltkommission des Ständerates hat die Vernehmlassung zu einer Änderung des Natur- und Heimatschutzgesetzes eröffnet. Die Hürden für Eingriffe in geschützte Ortsbilder und Landschaften sollen gesenkt werden; kantonale Nutzungsinteressen mehr Gewicht erhalten.
Der von der Kommission erarbeitete Vorentwurf lockert die Regelung in Art. 6 Abs. 2 des Natur- und Heimatschutzgesetzes (NHG). Das NHG hat zum Ziel, Natur- und Kulturdenkmäler «ungeschmälert» zu erhalten. Geschützt werden 162 Landschaftsgebiete, und 1.274 Ortschaften. Künftig soll in diesen Schutzgebieten gebaut werden dürfen, wenn dem Schutzinteresse von nationaler Bedeutung bestimmte gleich- oder höherwertige Interessen des Bundes oder der Kantone entgegenstehen, teilt die Umweltkommission mit.
Die Kantone hätten demnach künftig mehr Gewicht bei der Interessenabwägung zwischen dem Schutz von Objekten nationaler Bedeutung und dem Nutzen der geplanten Bauvorhaben. Nach geltendem Recht muss dem Schutzinteresse von nationaler Bedeutung ein Nutzungsinteresse von ebenfalls nationaler Bedeutung gegenüberstehen, damit überhaupt eine Interessenabwägung in Betracht gezogen werden kann.
Ziel: Bauten in Schutzgebieten sollen leichter bewilligt werden
Die parlamentarische Initiative für diese Gesetzesänderung wurde vom FDP-Ständerat Joachim Eder angestossen. Er will den Ermessensspielraum der Kantone erhöhen und den Einfluss der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) verringern. Die Gutachten der Kommission entscheiden oft darüber, ob ein Projekt in einem Schutzgebiet realisiert wird.
Ziel der bürgerlichen Mehrheit in der Umweltkommission ist es, dass Eingriffe in Schutzgebieten vermehrt bewilligungsfähig werden. Für die Gesetzesänderungen sprachen sich in der Kommission alle SVP-, FDP- und CVP-Vertreter aus. Die Vertreter der SP, der Grünen und der BDP lehnten sie ab.
Natur- und Heimatverbände lehnen die Revision des NHG vehement ab. Die Vorlage ziele «auf eine weitere Schwächung des Schutzes der wertvollsten Landschaften und Naturdenkmäler ab», heisst es in einer gemeinsamen Mitteilung von Pro Natura, WWF Schweiz und BirdLife Schweiz. Die Objekte des BLN-Inventars seien ohnehin ungenügend geschützt, denn laut einer Evaluation der Parlamentarischen Verwaltungskontrollstelle PVK werde in zwei Dritteln der Objekte das Schutzziel nicht erreicht.