Bern: War der Viererfeld-Landverkauf zu günstig?
Die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rates bezweifelt, dass der Kanton der Stadt Bern ein Grundstück auf dem Viererfeld zum Marktwert verkauft hat. Die Stadt hat für die knapp 85.000 qm grosse Parzelle 51,1 Mio. CHF bezahlt.
Bei der Transaktion geht es nach Angaben der Geschäftsprüfungskommission (GPK) um den Verkauf eines 84.482 qm grossen Grundstücks sowie um die Abgabe einer 78.210 qm grossen Parzelle im Baurecht des Kantons an die Stadt Bern. Auf dem verkauften Grundstück will die Stadt eine Wohnüberbauung realisieren; sie zahlte dem Kanton 51,1 Mio. CHF dafür. Das zweite Grundstück, das während der ganzen Baurechtsdauer von 40 Jahren als Grünfläche erhalten bleibt, gab der Kanton unentgeltlich ab. Der entsprechende Baurechts- und Verkaufsvertrag ist 2018 mit der Zonenplanänderung rechtskräftig geworden.
Aufgrund einer Analyse von zahlreichen Dokumenten und Befragungen sei fraglich, ob der Kanton das Grundstück Viererfeld zu einem marktkonformen Preis verkauft habe, so die GPK. Denn als Bestandteil des Finanzvermögens hätten die zwei Parzellen zu Verkehrswerten bewertet und verkauft werden müssen. Vor Abzug der Mehrwertabschöpfung hätte die verkaufte Viererfeld-Parzelle gemäss einer Berechnung der Finanzkontrolle einen Wert im Bereich eines dreistelligen Millionen-Betrags gehabt. Zwar dürfe dieser Wert nicht mit dem potenziellen Verkaufspreis gleichgesetzt werden, weil ein potenzieller Investor gewisse Kosten abziehen würde, die er selber tragen müsse. Es sei jedoch offensichtlich, dass sich der erzielte Verkaufspreis in einem Bereich bewege, der weit von den Berechnungen der Finanzkontrolle entfernt ist, hält die GPK fest.
Als Indiz, dass das Grundstück wohl nicht zum Marktpreis verkauft wurde, wertet die Kommission, dass schon sehr früh klar war, dass die Stadt Bern einen hohen Anteil an sozialem Wohnungsbau realisieren wolle. Mit dem gewährten Preis habe der Kanton indirekt den gemeinnützigen Wohnungsbau mitsubventioniert. Zudem habe der Kanton den vereinbarten Preis damit rechtfertigt, dass es sich dabei um einen «Netto»-Preis handle, bei dem bereits eine Reihe von Gegenleistungen eingerechnet sei, etwa die Mehrwertabschöpfung. Insgesamt sei die ganze Transaktion nicht transparent genug abgelaufen, kritisiert die GPK weiter. Sie hat ihren Bericht zur Behandlung in der Wintersession 2021 verabschiedet. (ah)