Recht: Bundesgericht zur Anfechtbarkeit des Mietzinses

Ein nun veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts um die Höhe des Anfangsmietzinses sorgt für viel Aufsehen. Demnach reicht der Nachweis, dass im örtlichen Markt eine Wohnungsnot herrscht, um den Anfangsmietzins einer Wohnung anzufechten. Dass eine persönliche Not- oder Zwangslage beim Abschluss des Mietvertrags bestanden habe, müsse dagegen nicht nachgewiesen werden.

Das Bundesgericht in Lausanne (Roland Zumbühl/Picswiss. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons)
Das Bundesgericht in Lausanne (Roland Zumbühl/Picswiss. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons)

Das Bundesgericht hat damit ein Urteil des Zürcher Obergerichts vom November 2015 aufgehoben und es an die Vorinstanz zurückgewiesen.

In dem konkreten Fall hatten zwei Personen im Jahr 2013 eine 3,5-Zimmer-Wohnung in Zürich zu einem Mietzins von 3.900 CHF plus 300 CHF für Nebenkosten angemietet. Die Mieter zogen vor die Schlichtungsbehörde und argumentierten, sie seien auf Grund der schwierigen Lage auf dem Zürcher Wohnungsmarkt quasi gezwungen gewesen, den Mietvertrag zu unterschreiben – aus ihrer Sicht lag eine Notsituation vor. Eine solche sei gegeben, wenn der Wohnungsleerstand unter 1,5 Prozent liege. In ihrem Fall habe er sogar nur 0,11 Prozent betragen.

Die Mieter begehrten, den Anfangsmietzins um 1.100 CHF zu reduzieren. Eine aussergerichtliche Einigung scheiterte, und auch das Obergericht wies das Begehren ab. Es genüge nicht, wenn ein Mieter eine Notlage oder Wohnungsnot nachweise. Vielmehr müsse er beweisen, dass er sich aus diesem Grund in einer Zwangslage befunden habe und keine Alternative vorhanden sei, hiess es damals.

Ungleichgewicht zwischen Vermieter und Mieter

Das Bundesgericht hält in seinem Urteil fest, dass das Gesetz drei alternative Gründe für die Anfechtung eines Anfangsmietzinses enthalte, nämlich eine erhebliche Erhöhung der Miete gegenüber dem Vormieter, eine persönliche Notlage und prekäre Verhältnisse auf dem örtlichen Wohnungsmarkt. Die beiden letzten Gründe müssen nicht kumulativ erfüllt sein, wie es das Zürcher Obergericht verlangt hatte, urteilte das Bundesgericht. Eine Wohnungsnot lasse sich nicht nur mit aktuellen Statistiken belegen. Ein Mieter könne auch durch das Nachweisen einer intensiven, aber erfolglosen Suche eine Wohnungsnot beweisen (Urteil vom 18.5.2016, 4 A_691/2015).

Das Bundesgericht äusserte die Ansicht, dass eine Wohnungsnot dazu berechtigt, einen Anfangsmietzins anzufechten, um so einem möglichen Missbrauch bei einem Marktungleichgewicht zu begegnen. Es sei eine «Binsenweisheit, dass Konsumenten im Allgemeinen und Mieter im Besonderen keine den Anbietern vergleichbare Stellung einnehmen, die ihnen die Verhandlung eines ausgewogenen Vertrages ermöglichen könnte», so das oberste Gericht. Der Grundsatz, dass Verträge einzuhalten seien, gelte zwar uneingeschränkt. Aber eben nur, wenn gleichberechtigte und vergleichbar starke Kontrahenten einen Vertrag schliessen würden, schreiben die Lausanner Richter in ihrem Entscheid weiter.

Der Zürcher Mieterverband begrüsst das Urteil, der Schweizer Hauseigentümerverband indes zeigt sich empört. Wenn jeder Mieter nach Vertragsunterzeichnung den Mietzins anfechten könne, werde das Prinzip von Treu und Glauben untergraben.

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