Renditeimmobilien: Preise geben nach

Mit den steigenden Zinsen sind Anlagen in die Assetklasse Immobilien nicht mehr alternativlos. Die Preise sinken, wie die Ergebnisse der Auswertungen der derzeitigen Transaktionen des IAZI zeigen.

Preise von Renditeimmobilien geben nach, so das IAZI (Bild: KZLOBASTOV/DEPOSITPHOTOS)

Angesichts der Zinswende sind die Zeiten des Anlagenotstandes definitiv vorbei – Investments in Liegenschaften sind nicht mehr alternativlos. Die bisher positive Differenz zwischen der Nettorendite von Anlageimmobilien und den 10-jährigen Bundesobligationen hat sich durch die Zinswende drastisch verringert. Bis vor der Zinswende verdiente man mit 10-jährigen Bundesobligationen kaum Geld. Immobilien-Direktanlagen erzielten in dieser Zeit hingegen stolze Nettorenditen von über 3%. Heute lässt sich mit 10-jährigen Bundesobligationen über 1% p.a. verdienen, während die Netto-Renditen der Liegenschaften bisher noch kaum gestiegen sind. Immobilieninvestoren müssten ihre Anlagestrategie gründlich überdenken, stellt das Zürcher Analysehaus IAZI fest.

Ungünstiges Marktszenario

Dass Renditeliegenschaften an Attraktivität verlieren, zeichnet sich u.a. in der Preisentwicklung ab. IAZI kann bereits jetzt eine Preiskorrektur aufgrund der Auswertung der derzeitigen Transaktionen berechnen: Gemäss der bis dato ausgewerteten aktuellen Daten zeichnet sich bei Mehrfamilienhäusern auf der Basis von Transaktionspreisen im 4. Quartal 2022 eine Korrektur von 3,4 Prozent gegenüber dem Höchststand im zweiten Quartal des Jahres ab. Für das erste Quartal 2023 rechnet das Analysehaus mit einer weiteren Korrektur von 3,1%.

Mittelfristig würden jedoch steigende Zinsen zu einem Anstieg des Referenzzinssatzes führen, was in Kombination mit der aktuellen Inflation erlaubt, die Mieten anzupassen, so das IAZI. Stützend wirkten auch die starke Zuwanderung, die Abnahme der Bautätigkeit und die tiefen Leerstände. Diese Effekte werden der aktuell zu beobachtenden Preiskorrektur entgegenwirken.
«Wenn Preise für Renditeliegenschaften allerdings zu sehr ins Rutschen geraten sollten, ist es nicht ausgeschlossen, dass sich daraus ein für den Markt ungünstiges Szenario entwickeln könnte», sagt Donato Scognamiglio, CEO des IAZI. Dieses negative Szenario würde durch ein eher technisches Gefahrenmoment provoziert: Die für Schweizer Vorsorgeeinrichtungen, die bekanntlich namhafte Beträge in Immobilien investieren, relevante Verordnung über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV 2). Die BVV2 schreibt eine fixe Quote für Immobilienanlagen vor, die nicht mehr als 30% betragen darf. Weil Aktien und Obligationen seit dem 1. Januar 2022 stark an Wert verloren haben (Schweizer Aktien: -18%; Obligationen: – 12,5%), wird sich die Immobilienquote in manchen Portfolios über den Grenzwert hinaus erhöhen. Gemäss dem Credit Suisse Schweizer Pensionskassen Index Q3 2022 überschreiten rund 25% der untersuchten Vorsorgeeinrichtungen die verlangte Quote.

Die grüne Idylle ist weiterhin begehrt

Etwas freundlicher präsentiert sich das Bild bei privatem Wohneigentum. Hier hat die Corona-Pandemie vor allem bei Einfamilienhäusern eine wahre Boom-Phase ausgelöst. Gemäss einer Analyse von IAZI waren insbesondere Eigenheime zur Miete in Bergregionen äusserst gefragt. Für die seltenen Objekte war man bereit, während der Pandemiezeit rund 20% höhere Mieten zu bezahlen.

Die ausgewerteten Transaktionen von Eigenheimen deuten gemäss IAZI jedoch darauf hin, dass besonders bei Eigentumswohnungen mit einer leichten Preiskorrektur ab dem 4. Quartal dieses Jahres zu rechnen ist, während sich die Preise für Einfamilienhäuser auf dem gleichen Niveau halten werden, d.h. hier wird die Preisentwicklung seitwärts verlaufen.
Insgesamt hat die Zinswende die Situation für Kaufwillige schwieriger gemacht. Insbesondere 10-jährige Fixhypotheken kosten heute mit über 3% wesentlich mehr als zu Beginn des Jahres. Es besteht zwar die Versuchung, auf die noch relativ günstigen Saron-Hypotheken auszuweichen. Doch es lässt sich derzeit nicht voraussehen, wie hoch der Saron noch steigen wird, wenn die Schweizerische Nationalbank weitere Zinserhöhungen beschliesst, um die Inflation in den Griff zu kriegen.

Angebotsmieten steigen

Im Segment der Mietwohnungen hat in diesem Jahr die grosse Nachfrage zu einem Rückgang der Leerstände geführt. So ist der Leerstand im 2022 auf 1,3% gesunken. Regional sind die Unterschiede gross: Während im Jura und Tessin noch bis zu 3% der Wohnungen leer stehen, müssen in der Stadt Zürich teilweise bis zu 500 Bewerber bei der Besichtigung einer Wohnung ihr Glück versuchen. Dabei bietet die Stadt Zürich weniger als 200 Leerwohnungen an. Allerdings relativiert sich dieser frappante Wohnungsmangel durch die Tatsache, dass die Mieterschaft sehr stark fluktuiert. Am höchsten ist die Fluktuationsrate mit 14% bei privaten Mietwohnungen, während sie bei genossenschaftlichen Wohnungen nur noch die Hälfte beträgt.

Die Zinswende wird auch Wohnungssuchende mit höheren Wohnkosten konfrontieren. Einerseits erklärt sich das aus der starken Nachfrage nach Mietwohnungen durch die einheimische Bevölkerung und andererseits auch durch zugewanderte Personen. Gleichzeitig begrenzt sich der Neubau durch fehlende Bodenreserven und aufgrund der Tatsache, dass institutionelle Anleger ihre Immobilienquote in der nächsten Zeit nicht mehr stark erhöhen werden. Vom Zinsanstieg noch geschützt sind mehrheitlich Mieter in bestehenden Mietverhältnissen, deren Eigentümer in der Vergangenheit nicht alle Reduktionen des Referenzzinssatzes weitergegeben haben.

Mieten wird günstiger als kaufen

Der starke Anstieg der Hypothekarzinsen hat die Kosten für Eigenheimbesitzer stark ansteigen lassen, wenn sie ihre Hypothek wieder mit einer Fix-Hypothek erneuern wollen. Die Jahre, in denen es aufgrund der tiefen Zinsen wesentlich günstiger war, ein Eigenheim zu besitzen, scheinen der Vergangenheit anzugehören. Viele Eigenheimbesitzer würden allerdings diesen Anstieg der Kosten erst beim Auslaufen bzw. Erneuern ihrer Hypothek zu spüren bekommen, so das IAZI.

Wer in der Vergangenheit die Zeit genutzt hat, um seine Hypothek zu amortisieren und Reserven gebildet hat, kann jedoch auch einem weiteren Zinsanstieg relativ gelassen entgegensehen. Letztendlich wurde bei der Vergabe der Hypothek vom Erwerber ja der Nachweis verlangt, dass er auch einen Zins von 5% tragen kann. «Von diesem Niveau sind wir glücklicherweise noch relativ weit weg», so Scognamiglio. Die Zinswende habe dazu geführt, dass es aktuell in den meisten Schweizer Gemeinden günstiger kommt, eine Wohnung zu mieten, statt eine Eigentumswohnung zu kaufen; der Mieter verzichte aber auf mögliche Wertsteigerungen. (bw)

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